Wenn abends dieser glühende Ball am fernen Himmel hinter den Wolkenkratzern absinkt, die letzten Strahlen noch durch die klimatisierten Flure und Büros jagt, alles ins sanfte Licht eines Sommerabends taucht, stellen sie ihre Wasserflaschen beiseite, die Frauen in sommerlich durchschimmernd leichter Bluse über die gebrechlich zart wirkenden Oberarme und die wohlgeformten Brüste diverser Körbchengrößen, kürzeren Röcken oder weiten hellen Leinenhosen über die zartweißen bis milchschokoladebraunen Schenkel und Waden, gehen am Bildschirm offline, stellen das Telefon um, nesteln kurz in den Handtaschen nach Puder, Schminke und Kajalstift, betonen routiniert Lippen, Wangen und den zarten Strich an den Augenlidern, gewappnet verschwinden in den heißen Abend, zum Treffen mit Freundinnen.
Am Tisch nebenan, etwas seitlich und nah genug um Gespräche, meist nur banal, ungewollt mitzuhören, setzten sich zwei Frauen, die eine um die Dreißig, kleiner mit dunklem kraus widerspenstig wirkendem Haar, unauffällig. Die andere, groß um die Einsachtzig, undefinierbar Blond, eine Farbe von der Sorte die man wieder vergisst sobald sie nicht mehr zu sehen ist, mit leuchtenden Augen gleich einem funkelndem Edelstein, grünlich blau irgendwie kühlem Wasser gleich, vielleicht ist es ja auch nur die Hitze, die mich daran denken lässt.
Bona Serra, begrüßt der dickliche und schwitzende italienische Kellner die Beiden, während er den Tisch mit einem grauen Lappen sauber wischt. „Zwei Lido Venezioano“ bestellt der funkelnde Stern mit triangelklarer Stimme, aber bitte ohne Sahne. Ich nehme die Karte vom Tischständer und sehe nach was ein „Lido Veneziano“ ist. Joghurteis mit erotischen Früchten, erotisch – nein exotisch. Der abgebildete Glasbecher lässt die Größe erahnen und in diesem Moment balanciert der schweißtropfenbehangene Kellner die ca. dreißig Zentimeter hohen Glascups mit jeweils zwei Papierschirmchen die mich unweigerlich an die Sonnenschirme am Strand von Rimini erinnern, auch schon an den Tisch. „Zweije Lido Veneziano per la signorine, per favore.
Löffel klirren am Edelstahltablett und der funkelnde Stern sagt lachend zu ihrer Freundin „Du machst ein Gesicht als ob ein Mann vor die die Hosen runterlässt und dich, das was dabei zum Vorschein kommt angenehm überrascht“. Darauf, mit hörbaren Schmunzeln in der Stimme sagt die Kleinere „Ja, dieses Monstrum von Eis erinnert mich daran als René die Hose auszog und ich die Augen nicht abwenden konnte von dem Ding…und das Eis schmeckt auch noch ebenso überraschend, weniger nach Moschus, doch die Erotik zerfließt auch auf der Zunge“. Ich blättere noch mal in der Eiskarte und bin froh das da doch „exotische“ steht. „Und wie war´s, trefft ihr euch wieder“ fragt der funkelnde Stern. „So was habe ich noch nicht erlebt, der hat eine Ausdauer das mir bereits schummrig wurde, und Tricks kennt der wie ein Pornodarsteller, vielleicht ist er ja auch einer. Ich glaube nicht dass ich ihn nochmals treffe, es war ein toller One night stand und mal so was zu erleben ist eine Bereicherung, aber als Typ ist er nicht das was ich mir vorstelle, jedenfalls nicht für die Kategorie Vater-meiner-Kinder“, versicherte die Kleinere um in gleichen Atemzug mit „Wie läuft´s mit Peter?“ nach den Befindlichkeiten der Freundin zu erkunden. „Bei der Hitze kann ich nicht an Sex denken und hab auch wenig Lust dazu. Eine Kollegin hat mir erzählt dass sie bei diesen Temperaturen einen Dildo verwendet und ihr Mann holt sich einen runter, neben ihr auf dem Sofa. Hab ich mir auch schon überlegt und Peters Ding ist zwar nicht zu übersehen, aber die Standhaftigkeit eines Vibrators der sich vorne in die eine Richtung und hinten in die andere dreht, dabei noch stufenlos verstellbar ist, kann er nicht erfüllen, mal abgesehen von der Hitze“ beendet der leuchtende Stern den Satz mit Lachen um gleich fortzufahren „Das muss ich mal Peter vorschlagen, sein Gesicht möchte ich sehen wenn er zusehen soll“ prustete sie heraus. „Für meine männerlose Zeit, hab ich mir auch so ein Ding gekauft in Form eines Delphins, bei einer Bekannten die eine Dildoparty veranstaltet hat und diese Dinger den Frauen aus ihrem Bekanntenkreis vorführt, Na ja erklärt. Eine tolle Sache, der Körper des Delphins ist angenehm weich anzufassen und vibriert, die Nase vorne bewegt sich im Kreis. Früher habe ich mich bei Bedarf mit Tom getroffen und seit dem seine Tussi schwanger ist hat er die Treue entdeckt, fragt sich nur wie lange er das durchhält.“ meinte die Kleinere.
Löffel klimperten am Glas und gurgelnde Geräusche drangen vom Tisch, seitlich halb hinter mir, der Kellner brachte mir die Rechnung und wischte sich mit dem Ärmel seines schwarzen Hemdes über die Stirn. Feucht wie sein Hemd war auch der Kassenbon, ich bezahlte und ging, nicht ohne noch einen Blick auf die gesprächigen Damen zu werfen. Durch meinen Kopf schwammen Delphine in Ufernähe, im viel zu warmen Wasser, schüttelten sich erschaudernd und kreisten mit ihren Nasen.
…selbst wenn der Wortlaut nicht ganz dem Gehörten entspricht, so doch dessen Sinn…
Franco Babista - 26. Jul, 15:53